Die Magische Formel

Formula1
Seit 1996 bei der Formel 1 Kragen aus dem von Trelleborg entwickelten Confor Foam eingeführt wurden, sind die Fahrer deutlich stärker vor schweren Kopfverletzungen geschützt.

Hunderte Millionen verfolgen die Formel-1-Rennen Saison für Saison. Sie gehören zu den beliebtesten Sportveranstaltungen überhaupt. Spitzenfahrer wie Lewis Hamilton, Max Verstappen und Charles Leclerc gelten längst als Superstars.

 

Doch hat sich der Sport gegenüber früheren Jahren stark gewandelt. Einst waren die Rennstrecken wesentlich gefährlicher und die Fahrzeuge boten bei Unfällen deutlich weniger Schutz. So haben in der 72-jährigen Geschichte der Formel 1 zahlreiche Fahrer im Rennsport ihr Leben verloren — darunter Jim Clark, Jochen Rindt, Ronnie Peterson und Gilles Villeneuve. Und viele, die einen Unfall überlebten, erlitten schwere Verletzungen mit lebenslangen Folgen.

 

Doch nicht zuletzt dank des unermüdlichen Einsatzes von Menschen wie dem dreimaligen Weltmeister Jackie Stewart und dem Neurochirurgen Sid Watkins wurde dieFormel 1 mit der Zeit immer sicherer. Es kommt zwar immer noch zu schweren Unfällen, doch sind sie seltener geworden. Das ist unter anderem verbesserten Leitplanken, tieferen Auslaufzonen und mehr Einsatzkräften entlang der Strecke zu verdanken.

 

Ein weiterer Meilenstein für mehr Sicherheit ist auf eine Reihe tragischer Unfälle Mitte der 1990er-Jahre zurückzuführen, als insbesondere die Todesfälle von Roland Ratzenbergerund dem dreifachen Weltmeister Ayrton Senna an einem Rennwochenende 1994 in Italien die Rennszene erschütterten.

 

Max Mosley, der spätere Vorstand des Motorsportverbands Fédération Internationale de l’Automobile (FIA), veranlasste daraufhin eine ausführliche Untersuchung zur Fahrersicherheit. Sie ergab, dass Formel-1-Fahrer in Kurven einer seitlichen g-Kraft von bis zu 6 g ausgesetzt sind — also der sechsfachen Erdbeschleunigung. Bei einem Aufprall wirken ebenfalls riesige g-Kräfte auf das Gehirn. Dieser Befund führte schließlich zur Einführung von Confor® Foam in den Kopfstützen und Cockpits der Formel-1-Wagen. 

 

Offenzelliger Confor Foam basiert im Prinzip auf temperaturabhängiger Urethantechnologie. Er istatmungsaktiv, führt nicht zu Hautreizungen und hilft, Feuchtigkeit vom Körper abzuleiten. Damit ist er ideal für körpernahe Polsterungen wie etwa beim Motorsport.

 

„Wenn er langsam zusammengepresst wird, verhält er sich wie ein weicher Schaumstoff. Bei starken Schlägen wirkt er jedoch wie ein steifer Schaum, der große Mengen an Energie absorbiert und ableitet“, erklärt Paul Habberfield, Business Development Manager für diesen Werkstoff. „Das ist das Wesentliche, denn manche sogenannte energieabsorbierende Schaumstoffe speichern die Energie und geben sie an das Objekt zurück, von dem sie stammt. Das ist nicht wünschenswert. Die einströmende Energie wird durch die halboffene Zellstruktur des Schaums abgeleitet und in Form niedriger Wärme verteilt.“ 

 

Bei der Herstellung eines scheinbar steiferen Schaumstoffs greifen manche Hersteller zu Füllstoffen. Diese haben jedoch neben der Dichte und der gefühlten Steifigkeit kaum Einfluss auf die Leistung des Schaumwerkstoffs. Mit 93 kg/ m³ hat Confor Foam dieselbe Dichte wie der weiche Schaumstoff, der in formschlüssigen Verpackungen von hochwertigen Geräten verwendet wird, aber er hat eine Steifigkeit, wie sie in Schleudersitzen von Düsenjets zum Einsatz kommt.

 

Das ist kein Wunder — die Entwicklung von Confor Foam begann mit dem Space-Shuttle-Programm der NASA. Die Forscher dort suchten nach einem äußerst komfortablen und zugleich haltbaren Sitzwerkstoff. Nach Versuchen, bei denen der Confor Foam in hohen Entschleunigungstürmen hohen g-Kräften ausgesetzt worden war, wurde der Schaum dank seiner Dämpf- und Schlagabsorptionsfähigkeit für die Polsterung der Schleudersitze ausgewählt.

 

Trelleborg versorgt die Formel 1 seit Mitte der 1990er-Jahre mit dem Werkstoff. Heute, rund 30 Jahre später, steht Confor weiterhin auf der FIA-Liste für Kopfstützen in der Formel 1 und in anderen Rennklassen. „Jeder Wagen in der Formel 1 ist in der Rennsaison 2022 mit Confor Foam ausgestattet“, sagt Habberfield. „In einer kombinierten Kopfstütze mit Seitenaufprallschutz ist Confor ein wesentliches Sicherheitsmerkmal — insbesondere bei schweren Unfällen. Der Schaumstoff hat seine typische Formgebung, ist 75 mm dick und wird mit Kevlar abgedeckt und dann in den Farben des jeweiligen Teams lackiert. Manchmal ist der Schaumstoffkragen zu sehen, wenn die Fahrer ihn vor dem Ausstieg abnehmen.“

 

Obwohl es seit dem Tod von Ayrton Senna und Roland Ratzenberger weiterhin Unfälle in der Formel 1 gab, ist die Statistik besser geworden. Confor Foam hat daran einen großen Anteil.

 

Das bestätigte schon 2001 Sid Watkins: „Die größten Fortschritte konnten wir beim Schutz von Kopf und Schulterbereich erzielen. Die Fahrer tragen jetzt einen U-förmigen Kragen mit Confor Foam. Das hat zweifellos Leben gerettet. Jos Verstappen hatte im belgischen Spa-Francorchamps einen schweren Unfall und Heinz-Harald Frentzen hätte vor zwei Jahren sicherlich statt einer leichten Gehirnerschütterung schwere Kopfverletzungen erlitten.“

 

Bei der Formel 1 kommen die modernsten Technologien zum Einsatz. Und doch es ist ein eher simpler Schaumstoff, der heute den Weltmeister Max Verstappen genauso schützt wie schon 1996 seinen Vater Jos.

 


 

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