Sicher auf Kurs

Nach Angaben des Weltwirtschaftsforums werden 90 Prozent der Waren weltweit auf dem Seeweg transportiert. Laut der Internationalen Schifffahrtskammer sind das elf Milliarden Tonnen Güter pro Jahr oder 1,5 Tonnen pro Kopf der Weltbevölkerung.
Bei so viel Schiffsverkehr steigt der Druck auf die Reedereien und Häfen, effizienter und nachhaltiger zu werden. Da verwundert es nicht, dass die Schiffe immer größer werden.
„Jedes Jahr kommen neue, größere und schnellere Containerschiffe hinzu“, bestätigt Tommy Mikkelsen, Managing Director für Navigations- und Lotsenprodukte bei Trelleborg. Er beschäftigt sich damit, die Produkte des Unternehmens an die Anforderungen von Häfen auf der ganzen Welt anzupassen.
Die ersten Containerschiffe Mitte der 1950er-Jahre waren 137 Meter lang, sechs Container breit und konnten über und unter Wasser jeweils vier Container übereinander unterbringen.
Das derzeit größte Containerschiff der Welt, die MSC Irina, ist im April 2023 im chinesischen Guangzhou vom Stapel gelaufen und 400 Meter lang. Damit ist sie nahezu dreimal so lang wie die Schiffe der 1950er-Jahre und deutlich breiter: Zehn 20-Fuß-Container passen nebeneinander und 26 davon übereinander.
Je größer ein Schiff, desto mehr Fracht kann es transportieren. Aber bei den großen Reedereien wie Maersk, MSC und CDMA steht heute auch die Nachhaltigkeit oben auf der Agenda. „In Bezug auf Nachhaltigkeit stehen unsere Kunden unter enormem Druck“, erklärt Mikkelsen. „Alle sprechen darüber. Vor fünf oder sechs Jahren war das noch anders.“
Je mehr Ladung ein Schiff transportiert, desto günstiger ist die CO2-Bilanz der Güter an Bord. Aus Sicht des Umweltschutzes können diese Großschiffe allerdings kontraproduktiv sein.
„Die Standorte der Häfen liegen oft seit Menschengedenken fest“, erklärt Mikkelsen. Viele europäische Häfen befinden sich an kulturell bedeutsamen Stellen, manchmal sogar mitten in einer mittelalterlichen Stadt. Die Expansionsmöglichkeiten sind an solchen Orten daher sehr begrenzt.
Da die Großschiffe mehr Tiefgang haben, ist Ausbaggern die naheliegendste Option, damit sie anlegen können. Das Aufwühlen des Meeresbodens hat aber schwere negative Auswirkungen auf die Lebewesen dort.
Verschärft würde dieses Umweltproblem noch dadurch, dass alle Schiffe mit Opferanoden ausgestattet seien, erklärt Mikkelsen. Diese Metallstäbe sind am Schiffsrumpf angebracht und schützen ihn, weil sie korrodieren und nicht der Rumpf selbst.
„Früher wurden diese Anoden meist aus Blei hergestellt“, erläutert er. „Inzwischen sind sie häufig aus Aluminium oder einer Mischung, aber immer noch aus Metall. Durch die Korrosion gelangen Metallpartikel in den Schlamm am Boden der Schifffahrtsrouten. Wenn man dann diesen Schlamm aufwühlt, gelangen diese Partikel nach oben und können von Lebewesen aufgenommen werden.“
Um ein Ausbaggern zu vermeiden, muss das Manövrieren, Anlegen und Festmachen so effektiv wie möglich erfolgen. Im stark begrenzten Hafenbereich muss das Schiff genau manövriert werden und es muss präzise gemessen werden, wie tief es gehen kann, ohne auf Grund zu laufen. Hier kommen die fortschrittlichen Lösungen von Trelleborg ins Spiel. „Als Technologiepartner bieten wir innovative Lösungen, damit auch große Schiffe die Häfen anlaufen können“, erklärt Mikkelsen.
Reedereien und Hafenbetreiber würde dies drei Vorteile bieten, erklärt Mikkelsen: „Je tiefer ein Schiff im Wasser liegen kann, desto mehr Fracht kann es transportieren, wodurch die Kosten für die Reederei sinken. Zweitens reduziert ein höherer Frachtanteil die Kohlenstoffemissionen aus dem Gütertransport, was zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der Reedereien beiträgt.
Und drittens wird ein Hafen, der mit seiner Technologie von auch größeren Schiffen angelaufen werden kann, durch den höheren Frachtumschlag wettbewerbsfähiger.“
Die Hafenbetreiber sind gezwungen, den Frachtumschlag laufend weiter zu maximieren. Dadurch werden die Häfen nicht nur rentabler, sondern auch nachhaltiger. „Je länger ein Schiff außerhalb des Hafens liegt, bevor es das Anlegemanöver ausführen kann, desto mehr Treibstoff verbraucht es“, erklärt Mikkelsen. „Verkürzt man beide Vorgänge und spart so Treibstoff, wird das Anlegen nachhaltiger.“
Die Technologie, die Trelleborg den Häfen für das Manövrieren, Anlegen und Festmachen zur Verfügung stellt, macht genau dies. „Das Anlegen eines Schiffs würde ohne unsere Lösungen im Durchschnitt etwa 30 Minuten dauern, mit ihnen ist es dagegen in wenigen Minuten erledigt“, erklärt er.
Verantwortlich dafür, dass das Schiff sicher sein Ziel erreicht und das Manövrieren, Anlegen und Festmachen gelingt, sind die Lotsen. Früher mussten sie sich dafür auf ihre Augen und ihre Erfahrung verlassen. Jetzt können sie auch das tragbare Lotsensystem von Trelleborg nutzen, mit dem sie noch effektiver arbeiten können.
„Ein englischer Lotse hat gesagt, dass er seine Leistung durch unsere Technologie für das Manövrieren, Anlegen und Festmachen um 20 Prozent verbessert hat“, sagt Mikkelsen. „Hat ein Schiff beim Einlaufen in einen Hafen den optimalen Kurs, spart das eine Menge Treibstoff ein. Für das Manövrieren wird Treibstoff benötigt und je weniger Kommandos ein Lotse geben muss, desto effizienter ist der Vorgang. Mit den Systemen von Trelleborg gibt ein Lotse weniger Kommandos, weil er bereits fünf bis zehn Minuten im Voraus weiß, wo sich das Schiff befinden wird. Er ist dann sicher, dass es auf Kurs ist.“
Manövrieren, Anlegen und Festmachen wird aber durch die Technologie von Trelleborg nicht nur schneller, sondern auch sicherer.
„Jedes Jahr sterben Menschen durch reißende Taue“, erklärt Mikkelsen. „Das Festmachen eines Schiffes ist eine sehr gefährliche Arbeit, bei der Hände und Finger eingeklemmt werden können. Die von uns entwickelten Roboter arbeiten selbstständig, was Unfälle vermeidet und die Effizienz steigert.“
Wie sieht die Zukunft der Schifffahrt aus?
„Es laufen bereits mehrere Großprojekte, die sich mit der Entwicklung von autonomen, selbstfahrenden Schiffen beschäftigen“, sagt Mikkelsen. „Das ist eine gute Idee und ich kann mir das sehr gut für die Zukunft vorstellen, aber es wird noch mindestens 20 Jahre dauern. Wir haben heute so viele Technologien zur Verfügung, dass wir uns die Möglichkeiten bei der Optimierung für bereits vorhandene Flotten entgehen lassen, wenn wir uns nur auf die autonomen Schiffe konzentrieren.“
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